geschrieben von V. Löhr am 05.11.2017
Wolfenstein ist zurück am Abzug und dieses Mal noch knallharter als
jemals zuvor. B.J. Blazkowicz ist wieder einmal an der Reihe sich zu
beweisen, dass er immer noch die wirkungsvollste „Waffe“ gegen das
Regime ist. Schon mit „The New Order“ konnte Machine Games und Bethesda
beweisen, dass Sie wissen, wie ein Shooter heutzutage aussehen soll. Nun
haben sie dies aber noch getoppt. Tolle Charaktere, große Waffen und
eine wirklich gut inszenierte Story machen Lust auf mehr und sollte
eigentlich jeden Shooterfan ansprechen. Aber ist…
Wolfenstein immer noch Wolfenstein?
Story technisch setzt „The New Colossus“ dort an, wo „The New Order“
endet. William "B.J." Blazkowicz, einerseits taffer Kriegsheld und
andererseits die Person in die der Spieler schlüpft, hat sich mit
anderen Mitgliedern des Widerstands ein mächtiges U-Boot namens
„Hammerfaust“ bemächtigt. Besagtes U-Boot wurde von dem Regime (in der
englischen Version: Nazis) entwendet und wird von nun an als
Unterschlupf sowie Hauptbasis verwendet. Hierbei trifft man bereits am
Anfang auf altbekannte Gesichter und fühlt sich sofort wieder heimisch.
So heimisch, wie man sich nach sechs Monaten Koma nur fühlen kann. Nun
ist es, nach dem Ausschalten von General Totenkopf, an B.J. und seinen
Mitstreitern, Fräulein Engel den Gar auszumachen. Denn dieses agiert
immer noch quicklebendig gegen den Widerstand und möchte nichts lieber
als B.J., sowie alle anderen Mitgliedern des Widerstands, vom Antlitz
der Erde zu fegen. Das lassen sich B.J. und seine Mitstreiter natürlich
nicht gefallen und ziehen somit in den Kampf gegen Frau Engel, um dem
Regime ein für alle Mal zu vernichten. Hierfür bedarf es natürlich eine
Sache, ordentlich Feuerkraft und treue Mitstreiter. Ersteres bringt
natürlich B.J. immer mit sich, doch Mitstreiter kann man nie genug
haben. Daher macht man sich auf, neue Leute zu finden, die mit einem
gegen das Regime vorgehen. Hierbei trifft man auf viele, wirklich sehr
gut inszenierte Charaktere mit passenden Hintergrundgeschichten und
tollen Synchronsprechern. Da macht es gleich noch mehr Spaß, die Zeit
auf der „Hammerfaust“ zu verbringen, sich mit den neuen sowie alten
Crewmitgliedern zu unterhalten und eine Beziehung zu jedem aufzubauen.
Wunderschöne Blutorgie und tolle Charaktere
Schon „Wolfenstein: The New Order“ hatte dem Auge viel zu bieten,
sowohl auf den Konsolen als auch dem heimischen Computer.
Dementsprechend hoch war die Erwartungshaltung an den zweiten Teil. Doch
wieder einmal hat die id Tech (dieses Mal die Version 6, welche
beispielsweise auch bei DOOM verwendet wurde) bewiesen, dass man noch
immer eine Schippe drauf legen kann. So sehen Explosionen, das Schmelzen
von Rüstung und Wänden sowie das Feuer echt gut aus. Teilweise wird das
Übergehen in eine Zwischensequenz gar nicht bemerkt, bis man direkt in
dieser Steckt. Aber gerade hierdrauf sollte ein besonderes Augenmerk
gelegt werden. Denn diese sind teilweise mit solch einmal unglaublichen
Content gefüllt, dass man gar weiß, ob man jetzt lachen oder einfach nur
geschockt sein soll. Mitunter muss man nach einer Sequenz erst einmal
den Pause Knopf drücken, eine kleine Pause einlegen und alles auf sich
einwirken lassen. Aber genau das wollte man mit besagten
Zwischensequenzen erreichen und gerade dieses „auf die Spitze
treiben“. Dies ist eigentlich das, was viele Wolfenstein-Fans lieben.
Jedoch ist es keinesfalls so, dass alle Sequenzen mit Over-the-Top
Action vollgepackt sind, dass es den Spieler vollkommen überfordert.
Nein, dieses Mal wird - was viele Fans überraschen dürfte - auch gerade
auf die Story in den Sequenzen eingegangen. Charaktere werden
vorgestellt und die Hintergrundgeschichte dieser erklärt,
Missionsbesprechungen werden vorgenommen sowie das allgemeine Geschehen
um BJ geschildert. Gerade auf Letzteres wird besonders schön und tief
eingegangen. Somit erfährt der Spieler, in teilweise spielbaren
Rückblenden, was der allseits bekannte Held in einer Kindheit erlebt
hat, während in der Gegenwart darüber geredet wird, wie Kampfmüde unser
sonst so harte Hund doch ist. Der Mix aus Vergangenheits-Ich und
Gegenwarts-Ich gibt dem Spieler einen fantastischen Überblick über den
Helden, über den bis dato noch nicht wirklich viel bekannt war.
Natürlich hat der eher schlechte Zustand auch einen Einfluss auf BJs
Beziehung zu seiner Partnerin Anya, welche Spieler schon aus Teil Eins
kennen dürften. Somit baut der Spieler wieder einmal nach und nach eine
Art Beziehung zu den Spielecharakteren und gerade zu BJ auf.
Aber nicht nur BJ, Anya und ein paar andere alte Gesichter sieht man
wieder. Gerade auf eine Person, neben dem Haupthelden, wird besonders
eingegangen. Unsere gute, alte Frau Engel. Eiskalt, gradlinig und immer
mit einem Finger auf dem Abzug, wäre wohl die beste Art, sie zu
beschreiben. Schon in „New Order“ hat der Spieler ganz deutlich
gemerkt, dass man sich mit dieser Frau lieber nicht anlegen sollte. Und
nun, nach den Geschehnissen aus „The New Order“, will diese B.Js Kopf
umso mehr und bedient sich teilweise echt brachialer und schockierender
Methoden. Hierbei wird Frau Engel wirklich unglaublich gut
Synchronisiert, hat die perfekte Mimik sowie Gestik für einen Bösewicht
und weiß genau, wie man die Spieler am heimischen Bildschirm begeistert.
Somit dienen die meisten Charaktere, beispielsweise Frau Engel, nicht
nur als „nette Statisten“, sondern haben eigene Marotten, ein Verhalten
und man merkt ganz deutlich, dass sich bei Wolfenstein eines für die
Charaktere genommen wurde: Zeit. Dies trägt nicht nur ungemein zur
allgemeinen Story bei, sondern gibt auch dem Spieler die Möglichkeit,
sich neben dem ganzen Geballere auch mal auf die Nebencharaktere
einzugehen und mehr über diese zu erfahren.
Zwei Waffenräder besser als eins?
Natürlich geht es in erster Linie bei Wolfenstein um eine Sache,
ballern, ballern und nochmals ballern. Hierbei ist es so das, obwohl das
Jahr 1961 geschrieben wird, sich B.J. dank der fortschrittlichen
Forschung auch verschiedenster futuristischer Waffen bedienen kann.
Somit zählen beispielsweise Lasergun, eine mehrläufige Kampfschrotflinte
sowie eine Waffe, welche Kraftfelder erzeugt, die Gegner anziehen und
erledigen, zu seinem Waffenarsenal. Alte Wolfenstein Hasen wissen aber
auch, dass sich so gut wie jede Waffe in der „Akimbo“ Variante verwenden
lassen kann. Das bedeutet, B.J. kann gleichzeitig zweierlei Waffen
tragen. Sei es zwei Schrotflinten oder zwei schwere Maschinengewehre,
beides lässt sich kinderleicht umsetzen. Nun kommt aber „The New
Colossus“ mit einer Neuheit für die Wolfenstein Serie herbei. Anstatt
von einem Waffenrad, hat der Spieler nun zwei zur Auswahl. Dies hat den
großen Vorteil, dass man mit jedem Waffenrad eine Waffe für die linke
sowie rechte Hand auswählen kann. Somit ist es dem Spieler überlassen,
welche Waffe er in welche Hand legt.
Eine Pistole und eine Schrotflinte, eine Maschinenpistole und ein
Granatwerfer oder eine Kampfpistole und ein eine einfache Pistole? Alles
möglich! Das Ausprobieren von neuen Waffenkombinationen macht nicht nur
ungemein viel Spaß, sondern gibt dem Spieler auch die Möglichkeit sich
auf jede Situation anzupassen oder einfach nur seine beiden
Lieblingswaffen gleichzeitig zu führen.
Upgrades sind immer gut!
Neben der neuen und tollen Möglichkeit jede Waffenkombination
anzuwenden, die man möchte. Gibt es natürlich auch in Wolfenstein II
wieder jede Menge an Waffen-Upgrades. Diese lassen sich mit Hilfe von
sogenannten Waffen-Upgrade Kits, welche überall auf den verschiedenen
Karten versteckt sind, anbringen. Hat man nun ein Kit gefunden, ist es
an dem Spieler sich zu entscheiden, welche Waffe er mit welchem Upgrade
ausstatten möchte. Hierbei wird in persönliche Waffen und
nicht-persönliche Waffen unterschieden. Persönliche Waffen, also die
Waffen, welche man immer mit sich trägt und via Waffenrad auswählen
kann, lassen sich kinderleicht mit einem Kit upgraden. Während
nicht-persönliche Waffen nur solange verwendet werden können, bis deren
Munition aufgebraucht ist und man sie anschließend wegwirft,
beispielsweise Laserguns oder Kampfschrotflinten. Diese lassen sich
nicht verbessen, da man besagte Waffen nicht immer mit sich trägt und
daher ein Upgrade dieser gewissermaßen den Sinn verfehlen würde. Somit
wurde sich auf die persönlichen Waffen konzentriert und eine gute
Mischung an Waffenupgrades herausgearbeitet. Diese lassen sich, nach dem
installieren via Kit, wieder de- sowie anmontieren. Dies gibt dem
Spieler die Möglichkeit ein Waffenupgrade auszuprobieren und auch noch
im Nachhinein zu entscheiden, ob er dieses wirklich an seinen Waffen
haben möchte oder nicht. Einige Waffen-Upgrades, wie zum Beispiel
stärkere Munition, lassen sich aber auch schon von Haus aus selbst per
Knopfdruck entweder ein- oder ausschalten, ohne diese wieder demontieren
zu müssen. Dementsprechend hat der Spieler eine breite Variante, seine
Waffen und Waffenkombinationen anzupassen, was dem ganzen Geballer noch
mehr Spaß bringt.
Hat man nun die erste Hälfte des Spiels erfolgreich hinter sich
gebracht, steht der Spieler vor einer neuen Entscheidung. Ihn wird
angeboten, sich aus drei Kampfmods einen auszuwählen. Dabei hat der
Spieler die Wahl zwischen Donnerfäusten, Schlachtenläufer und
Pythongurt. Mit den Donnerfäusten kann Blazkowicz bestimmte Wände
einrennen oder alternativ Gegner über den Haufen laufen. Mit den
Schlachtenläufern, die im Prinzip so etwas wie ausfahrbare Stelzen sind,
können höhergelegene Bereiche leicht erreicht werden. Die Pythongurte
erlauben es B.J., sich durch normalerweise viel zu enge Räume zu
bewegen, wie zum Beispiel Rohre oder Lüftungsschächte.
Diese Kampfmods geben dem sonst schon sehr schnellen Gameplay von
Wolfenstein II eine zusätzliche Note von Freiheit. Zudem hat man durch
sie die Chance sich noch gezielter zu bewegen, um beispielsweise
Schüssen auszuweichen oder Gegner gezielt auszulöschen. Natürlich lassen
sich durch die Mods auch gewisse Bereiche erreichen, welche man
normalerweise nicht erreicht hätte, beispielsweise für die Such nach
Secrets.
Mick Gordon? Mick Gordon!
Spätestens nach DOOM weiß man, dass der Name „Mick Gordon“ für
brachiale, passende Videospiel-Musik steht und bei Entwickler Bethesda
gern gesehen ist. Somit wurde auch für den zweiten Teil von Wolfenstein
wieder auf diesen zurückgegriffen, und das mit Erfolg. Ein knallharter
Soundtrack hämmert auf die Ohren, während sich einem Maschinen und
Soldaten entgegenstellen.
Dabei beweist Gordon wieder einmal, wie gut er einen harten Shooter
noch härter machen kann, nur mit Hilfe der Musik. Ruhige Passagen werden
nur mit dumpfen aber dennoch antreibenden Bass untermalt, wobei die
fast immer währenden Ballerei mit DOOM-artigen Metal einem
entgegenschießt.
„Wolfenstein II: The New Colossus“ ist ein unfassbar guter und schneller
Shooter, mit tollen Charakteren, welche alle ihre Daseinsberechtigung
haben und mit einer guten Hintergrundgeschichte. Zudem ist es wirklich
positiv erfrischend zu sehen, dass sich bei Wolfenstein auch einmal mehr
auf die Story konzentriert wird, aber das Ballern auch nicht zu kurz
kommt – eine gute Mischung. Denn gerade das Ballern stand schon immer
bei Wolfenstein an erster Stelle und tut dies auch bei Teil zwei. Jedoch
mit solch einer tollen Freiheit an Waffenwahl, Waffenmods und
Kampfmods, dass es noch mehr Spaß macht als in den Vorgänger. Perfekt
inszenierte Zwischensequenzen und Rückblenden, welche mitunter sogar
spielbar sind, geben dem Spieler die Möglichkeit auf den
Hauptprotagonisten B.J. wirklich einzugehen und diesen kennenzulernen.
Gepaart mit dem absolut passenden Soundtrack von Mick Gordon sowie der
hübschen id Tech 6 Grafik, hat „Wolfenstein II: The New Colossus“ meiner
Meinung nach wirklich eine gute Chance, für mich der Shooter des Jahres
2017 zu werden. Wer schnelle Shooter mit fetten Waffen, noch fetteren
Gegnern, knallharten Soundtrack und ins Gehirn einbrennende Charaktere
mag, muss bei diesem Titel einfach zuschlagen.
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