Ich muss gestehen, das passiert mir selten. Wenn ich richtig
überlege, ist mir das sogar noch nie passiert. Und zwar bin ich sehr emotional
mit dem Hauptcharakter eines Spieles verbunden. Die Rede ist von Yarny, dem
putzigen kleinen Garn-Knäuel aus dem Spiel Unravel.
In Unravel steuert man Yarny auf einem Weg, der einem erst
im Laufe des Spieles so richtig klar wird. Vorher rätselte ich noch, was auf seinen
Abenteuern der Grundgedanke dabei ist. Aber nach ein paar Leveln wird es mir klar.
Dabei hätte ich auch gleich auf die Idee kommen können: Yarny besteht nämlich
aus einem Knäuel eines roten Fadens, der immer wieder neu aufgewickelt werden
muss. Und da haben wir es: ein roter Faden! Der rote Faden eines Lebens.
Das Spiel startet in einer traurigen Atmosphäre mit einem
Intro und hinterlässt mich – wie bereits erwähnt – etwas fragend zurück, wie
und wo ich die Story einordnen soll. Mit Yarny löst der Spieler Rätsel in Form
von Jump 'n Run- und Puzzle-Elementen. Mit einem Tutorial im ersten Level wird
man perfekt an die etwas komplexere Steuerung herangeführt. Yarny läuft, springt,
knotet seinen Garn an Ösen fest, schwingt und seilt sich herab. Einiges davon
wird sogar gleichzeitig gefordert. Aber mit etwas Übung klappt das reibungslos.
Sollte mal etwas nicht funktionieren und Yarny ertrinkt im Wasser oder wird von
anderen Lebewesen angegriffen, startet man wieder am letzten Checkpoint. Nach
einer kurzen Entschuldigung meinerseits, was ich dem drolligen Zwerg da
eigentlich angetan habe, starte ich den Abschnitt im Level einfach nochmal und
versuche es diesmal besser zu machen. Die Checkpoints sind übrigens Ösen, die
mit etwas Garn umwickelt sind. Denn Yarnys Garn geht nach einer Weile zuneige
und wird so neu aufgewickelt. Je nach Können des Spielers kann es häufiger oder
seltener vorkommen, dass man kurz vor einem solchen Checkpoint stehen bleibt,
weil kein Garn mehr zum Weiterkommen übrig ist. Da bleibt nur die Option, dass
man noch einmal zurückgeht und schaut, wo man zu viel vom Garn verwendet hat,
der uns am Ende fehlt.
Mit sehr hübscher Grafik und liebevoll gestalteten Details
staunt man für ein eigentlich recht kleines Spiel nicht schlecht. Überall gibt
es etwas zu entdecken. Dabei ist es egal ob andere Lebewesen wie Igel, Spinnen,
Elche oder die Umgebung mit Gras, Wasser und Steine unsere Aufmerksamkeit gewinnen.
Alles wirkt plastisch, fast real. Zusammen mit der hervorragenden Soundkulisse
wird man in die freie und vielfältige Natur Schwedens verzaubert.
In einem typisch roten skandinavischen Haus findet man sich
vor und nach den Leveln immer wieder. Am Ende eines jeden Levels erwartet uns
eine kleine gestrickte Figur. Mit diesen Figuren holen wir Erinnerungen aus dem
Leben der Familie, bei der Yarny wohnt, in Form von Bildern für ein Fotoalbum
zurück, in dem man selbstverständlich auch blättern kann. Im Verlauf eines
Levels erscheinen diese Bilder im Hintergrund und sammeln sozusagen diese
Erinnerungen ein.
Die Level-Auswahl findet ebenfalls im Haus statt. Kleine
aufgestellte und eingerahmte Bilder in verschiedenen Zimmern haben ein
bestimmtes Thema, das man darüber starten kann. Was noch lebensfroh und voller
Entdeckerlust beginnt, wird von der Realität des Lebens eingeholt. Die Stimmung
kippt mit dem Spielfortschritt über Fassungslosigkeit bis hin zur Trauer. Da
ist wieder sprichwörtlich der rote Faden!
Natürlich werden im Verlauf des Fortschritts die
Herausforderungen immer schwerer. Es kann auch mal vorkommen, dass man etwas
gefrustet und ahnungslos ist. Doch wer kann dem kleinen Yarny das übel nehmen?
Fazit
Eigentlich ist Unravel ein kleines Indie-Game. Bedenkt man,
was man für wenige Euros an Grafikpracht, perfekt abgestimmten Sound, einer vielfältigen
Steuerung und emotionaler Story geboten bekommt, dann kann es durchaus mit den
großen millionenschweren Titeln der Spieleindustrie mithalten. Wer kein Fan von
Geschicklichkeitsspielen ist, aber gern einmal etwas ruhigeres mit viel Emotion
spielen möchte, der sollte trotzdem bei Unravel zugreifen. Die Spieldauer war für meinen Geschmack etwas
zu kurz. Ich hätte gern noch mehr Abenteuer mit Yarny erlebt. Vielleicht mit
einem zweiten Teil?
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