geschrieben von N. Zwanzig am 02.10.2015
Fans des klassischen Horrors mussten in den letzten Jahren
viel durchleiden. Während sich einstige Genre-Könige wie die Resident
Evil-Reihe oder Dead Space mit jedem neuen Ableger mehr und mehr zu Third
Person Shootern mit leichtem Horroreinschlag entwickelten oder etablierte
Marken wie Alone in the Dark in der Versenkung verschwanden, sehnten sich
Anhänger des Survival Horror nach neuem Material, welches echte Gänsehaut
verursachen kann
Ambitionierte
Projekte wie "Alan Wake" oder "The Evil Within" konnten nicht überzeugen und ein
neues Silent Hill steht nach dem Ausscheiden von Regisseur Guillermo del Toro
und der Kontroverse um Hideo Kojima wahrscheinlich vor dem endgültigen Aus.
Einzig im Indie-Sektor konnten Titel wie "Amnesia: The Dark Descent", "Slender:
The Eight Pages" oder in jüngster Vergangenheit "Outlast" für Aufsehen sorgen,
Reaktionsvideos im Netz inklusive.
Das britische Entwicklerstudio Supermassive Games will in
diesem Jahr mit dem PS4-exklusiven "Until Dawn" den vakanten Thron besteigen und
dem Genre Survival Horror neues Leben einhauchen. Ob das gelungen ist, erfahrt
ihr in den folgenden Zeilen.
Der Tod wartet hinter
jeder Ecke
Bei der Story bedienten sich die Macher bewusst an bekannten
Klischees diverser Horrorfilme. So erkennt man bestimmte Stereotypen sofort in
den acht jugendlichen Protagonisten wieder, die sich auf einem abgelegenen
Familienanwesen in den Bergen von British Columbia treffen, um die
traumatischen Ereignisse aus dem Vorjahr zu verarbeiten, welche die Clique
seitdem verbinden.
Doch die Teens sind, welch Überraschung, nicht allein und
machen schnell Bekanntschaft mit allerhand angsteinflößenden Funden und
Situationen. Die Inszenierung stellt dabei eine der größten Stärken von Until
Dawn dar. Zwar fällt die Spielwelt relativ klein aus, jedoch extrem dicht in
Sachen Atmosphäre und Gefährlichkeit.
Das Ferienhaus ist herrlich düster und extrem detailliert
gestaltet und man findet unzählige kleine Details, die zur Geschichte
beitragen, wenn man sich ein wenig Zeit lässt die Gegend ausgiebig zu erkunden.
Man kann förmlich die Kälte spüren, die den eisigen Berg umweht, wenn die
Charaktere gezwungen sind, die restlichen umliegenden Areale zu betreten. So
finden sich neben einem verlassenen Bergwerk auch noch ein ehemaliges
Sanatorium und ein verfallenes Hotel rund um den Gipfel, allesamt verbunden
durch den scheinbar undurchdringlichen Wald und seltsamen Tunneln.
Diese menschenfeindliche Umgebung wird durch extrem clevere
Kamerapositionen eingefangen, die wunderbar das Gefühl der Isolation und den
Eindruck vermitteln, stets beobachtet zu werden. Neben der Story, die nach der
anfänglichen Slasher-Thematik zur Halbzeit einen grandiosen Twist offenbart,
der die zweite Hälfte von Until Dawn umso aufregender macht, ist das
Entscheidungssystem das nächste Highlight des Spiels.
Nach dem sogenannten Butterfly-Effekt, der den Zusammenhang
zwischen kleinen Entscheidungen in der Vergangenheit und massiven Folgen in der
Gegenwart beschreibt, werdet ihr im Verlauf der Geschichte häufig vor die Wahl
gestellt und müsst innerhalb von Sekunden eine Entscheidung treffen, die
schwerwiegende Folgen für den Charakter selbst oder einem seiner Mitstreiter in
dieser endlosen Nacht haben kann.
Nicht selten ist das Ableben eines der Gruppenmitglieder die
Folge eures Handelns. Until Dawn bietet eine Vielzahl verschiedener
Handlungsstränge, die je nach eurer Wahl variieren und zu diversen Enden führen
in denen entweder alle, niemand oder Kombinationen verschiedener Figuren
überleben. Es ist nicht möglich nochmal neu zu laden und das Ergebnis rückgängig
zu machen, was dem Spiel zusätzlichen Reiz und einen hohen Wiederspielwert verleiht.
Das Script von Graham Reznick und Larry Fessenden enthält
jedoch nicht nur spannende und gruselige Momente, sondern auch augenzwinkernde
und teils wirklich lustige Episoden, die zeigen, dass man nicht alles zu ernst sieht
und sich gewisser Klischees durchaus bewusst ist und diese spielerisch auf den
Arm nimmt. So finden die Figuren zwischen aller Panik und Verzweiflung immer
noch Zeit für sexuelle Anspielungen oder dumme Streiche, was sicherlich in der
Realität nie der Fall wäre.
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