geschrieben von N. Zwanzig am 09.10.2014
Nachdem im vergangenen Jahr FIFA 14 als erste und einzige
Fußballsimulation für die Next-Gen Konsolen ins Rennen ging und ein knappes
Jahr das Monopol für sich beanspruchen konnte, ist es nun Zeit, sich wieder mit
dem Konkurrenten (Pro Evolution Soccer 2015) zu messen. EA war sich dessen anscheinend
bewusst und kündigte Großes für FIFA 15 an. Dem Vorgänger wurden die vielen
Schwächen und der geringe Umfang aus Mangel an Alternativen schnell verziehen.
Kann FIFA 15 in diesen Belangen auftrumpfen? Wir werden sehen.
Nach dem Spielstart werden wir zunächst gezwungen, das
fiktive Finale um den Titel der Premier League zwischen Liverpool und
Manchester City zu bestreiten. Hier fällt zunächst auf, dass sich EA immer
stärker an den Übertragungen aus dem Fernsehen orientiert. Alles sieht nach
einem Spieltag im TV aus. Wer den Kommentar auf Englisch gestellt hat, wird von
den Original Kommentatoren Martin Tyler und Alan Smith begrüßt und auf die
kommende Partie eingestimmt. Zu den Kommentatoren jedoch später mehr.
In Sachen Atmosphäre hat sich deutlich etwas getan. Die Fans
sind nun lauter zu hören und wenn "You'll Never Walk Alone"
angestimmt wird, bekommt man eine Gänsehaut. Nach dem obligatorischen Verlesen
der Mannschaftsaufstellungen und ein paar Kameraschwenks über Fans, Spieler und
Offizielle folgt dann endlich der Anpfiff. Auf dem Platz offenbaren sich leider
wieder Schwächen, die die Präsentation nicht verbergen kann. Zwar wurden die
Animationen verbessert und die Spielgeschwindigkeit weiter verlangsamt, was
insgesamt den Realismus fördert, jedoch wird dies wiederum durch andere Fehler zunichte gemacht.
Das liegt zum einen an der KI. Diese wurde um das Feature
der "emotional intelligence" erweitert, was dazu führen soll, dass
Spieler authentisch auf gewisse Situationen reagieren sollen. Das soll heißen,
dass ein Spieler unter Druck stärker zu
Fehlern neigt. Es ist eine lobenswerte Idee dieses unberechenbare Element der
mentalen Stärke mit einfließen zu lassen, jedoch bleibt es hier beim Versuch.
Denn um diese Anfälligkeit zu kompensieren, sind die Akteure in anderen Lagen
deutlich weniger fehlbar. Das Verhalten der KI pendelt also zwischen clever und
dämlich. Das hinterlässt einen bitteren Beigeschmack.
Am meisten sichtbar ist dies bei den neuen Torhütern. Diese
wurden komplett überarbeitet und die Verbesserungen resultieren größtenteils in
schönen Paraden. Sie reagieren beispielsweise auf Abweichungen in der Flugbahn
des Balles, wenn ein Verteidiger im letzten Moment das Knie dazwischen schiebt
und krümmen sich in der Luft, um den Schuss noch irgendwie abzufangen.
Andererseits reagieren sie oft extrem panisch, wenn es zu gedrängten
Situationen im Torraum kommt und sind leider extrem anfällig dafür, Kullerbälle
durch die Beine zu lassen.
Die neu gewonnene Agilität der Spieler lässt viel Freiraum
in der Offensive. Es ist kein Problem mit einem technisch versierten Angreifer,
mehrere Verteidiger auszudribbeln. Ist dieser dann auch noch sprintstark,
gleitet ihr teilweise durch die Defensive des Gegners, wie das heiße Messer
durch die Butter. Erst in den hohen Schwierigkeitsgraden wird dies erschwert. Das
koordinierte Passspiel nach vorne wird allzu oft von der mangelnden
Bereitschaft der virtuellen Kameraden torpediert, die sich trotz vorhandener Räume
nicht wirklich freilaufen wollen. Das lässt vor allem Konter immer wieder im
Sand verlaufen.
In der eigenen Defensive sieht es hingegen ganz anders aus. Hier
offenbaren sich große Schwierigkeiten, dem Gegner den Ball abzunehmen, weil gegnerische
Angreifer stets ein Mittel gegen Tacklings oder Grätschen parat zu haben
scheinen und es teilweise so wirkt, als wüssten sie bereits, was als nächstes
passiert. Das hat bei allem Spielverständnis wenig mit Realismus zu tun. So
läuft man oft dem Ball hinterher ohne den Gegner bis zum Strafraum wirklich
stoppen zu können. Die Verteidigung des Gegners hat im Gegenzug damit zu
kämpfen, dass die Verteidiger den Ball trotz möglicher Anspielstationen zu oft
ins Aus klären, statt weiter zu spielen. Das ist verschenkter Ballbesitz.
Außerdem agieren sie im Strafraum oft zu aggressiv, was zu einer erhöhten
Anzahl an Strafstößen führt.
In Sachen Grafik liefert EA wieder gewohnt solide ab. Jedoch sind
die Unterschiede zum Vorgänger minimal. Trikots nutzen sich im Verlauf des
Spiels stärker ab und auch auf dem Rasen sind nach Grätschen oder Schüssen
deutliche Spuren zu sehen. Die Spielermodelle der Topteams ähneln ihren
Vorbildern sehr, auch wenn der Körperbau oft seltsame Züge trägt. Wespentaillen
sind bei ausdefinierten Athleten, wie es Profifußballer nun mal sind, im echten
Leben selten zu finden. Leider lassen sich die Akteure kleinerer und weniger
bekannter Teams nur mit Mühe identifizieren. Hier wird schnell klar, wo sich
Mühe gegeben wird und wo nicht.
In Sachen Lizenzen ist und bleibt FIFA der Platzhirsch. Auf
Wunsch vieler Fans ist in diesem Jahr erstmals die türkische Liga vertreten.
Jedoch merkt man schnell, dass EA den Fokus klar auf England und die Premier
League gelegt hat. So detailreich und intensiv werden die anderen Ligen bei
weitem nicht präsentiert. Dieser Fakt stößt Fans nicht englischer Mannschaften
sicher vor den Kopf. Bei Menü und Umfang könnte man meinen den Vorgänger zu
spielen, da sich nichts Gravierendes geändert hat. Neuerungen sucht man hier
mit der Lupe. Lediglich der Saison-Modus ist zurückgekehrt. Es gibt aber von
der Community schon länger Vorschläge, FIFA Street zu integrieren oder auch mal
Frauenfußball einzubauen, jedoch wurde dies wieder einmal ignoriert. Auch einen
inszenierten Karrieremodus mit echter Story gibt es nicht. Dabei kann ein
solcher Modus doch so viel zum Spielspaß beitragen, wie 2K mit seinen NBA
Spielen schon bewiesen hat.
Im Taktikmenü hat sich EA dreist beim direkten
Konkurrenten PES bedient und präsentiert nun das bekannte Sechseck zur
Abschätzung der Spielerstärke. Das wirkt schon etwas ärmlich, wenn man bedenkt,
in welcher Position sich FIFA befindet. Größtes Manko des Spiels ist und bleibt
jedoch der deutsche Kommentar. Die Personen Buschmann und Breuckmann können am
wenigsten für diesen Einheitsbrei an Samples der Jahr für Jahr serviert wird.
Viel mehr könnte man bei EA dafür sorgen, dass der Kommentar endlich zeitgemäß und dynamisch daherkommt. Auch
hier ist 2K meilenweit voraus.
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